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Schule Schlosswil: "Der Wirbel wird sich nicht so rasch legen"

Schon fast 1200 Personen haben die Petition zur Rettung der Schule Schlosswil unterschrieben. Die Gegner*innen der Schulschliessung argumentieren unter anderem mit dem Zustand der Grosshöchstetter Schulhäuser.

Im Dezember gab der Gemeinderat von Grosshöchstetten bekannt, dass die Schule Schlosswil ab 2022 bis 2025 schrittweise geschlossen wird. Grund sind sinkende Schülerzahlen in der Gemeinde Grosshöchstetten.

 

Dagegen formierte sich bald Widerstand. Der Ortsverein Schlosswil lancierte eine Petition. Diese verlangt vom Gemeinderat, mit den Petitionär*innen in einen Dialog zu treten und nach anderen Lösungen zu suchen. Stand 1. Februar haben fast 1200 Personen die Petition unterschrieben, rund die Hälfte davon wohnt in der Gemeinde.

 

Sanierungsbedarf bei Grosshöchstetter Schulhäusern

Mittlerweile hat sich aus dem Kreis des Ortsvereins die Kerngruppe Pro Schule Schlosswil gebildet. Die Kerngruppe hat sowohl pädagogische wie auch ganz handfeste Argumente gegen die Schliessung ihrer Dorfschule. Unter anderem beruft sie sich auf den Zustand der Schulhäuser in Grosshöchstetten. "Von den vier zurzeit betriebenen Schulgebäuden in Grosshöchstetten weisen drei einen kurz- bis mittelfristigen dringenden Sanierungsbedarf auf", schreiben sie im Argumentarium zur Petition. Demgegenüber sei das Schulhaus Schlosswil gut unterhalten und werde ausserdem mittels Holzenergie des Nahwärmeverbund Schlosswil beheizt.

 

Störend finden die Petitionär*innen auch, dass der Kindergarten an der Schulgasse Grosshöchstetten in einem provisorischen Container untergebracht ist. "Sofern der Kindergarten Schlosswil geschlossen wird, werden die Kinder beim intakten, schön gelegenen und bestens unterhaltenen Kindergarten Schlosswil abgeholt und mit einem Schulbus nach Grosshöchstetten unter anderem zu diesem provisorischen Container geführt."

 

Pädagogische Probleme sieht die Kerngruppe darin, dass die Schlosswiler Kinder nicht mehr alleine und zu Fuss zur Schule gehen können, wenn diese wirklich geschlossen wird. Auch dass sie nach der Schliessung auf verschiedene Klassen verteilt würden, sei "fragwürdig". "Die Schlosswiler Kinder, welche bis anhin ihren Klassenverbund gewohnt waren und dadurch ihre Sicherheit im Schulumfeld gewonnen haben, sollen mit dem pädagogisch fragwürdigem Vorgehen das Problem der sinkenden Schülerzahlen der gesamten Gemeinde lösen."

 

Zwei Jahre nach der Fusion - "Das geht einfach nicht"

Besonders stossend sei, dass dies nur zwei Jahre nach der Fusion von Schlosswil mit Grosshöchstetten passiere, sagt der Petitionär und betroffene Vater Simon Grünig. "Nach der Fusion redeten alle von Integration und dann das. Das geht einfach nicht!"

 

Zurzeit werden in der Schule Schlosswil 80 Kinder unterrichtet. Die Kerngruppe weist darauf hin, dass im Gebiet "Nest" in den kommenden Jahren mit einer Zunahme und einer Verjüngung der Bevölkerung zu rechnen sei. Dadurch könne es im Ortsteil Schlosswil schon bald wieder zu steigenden Schüler*innenzahlen kommen.

 

Nicht zuletzt seien das Schulhaus und der Schulhausplatz Begegnungsorte, welche die Dorfgemeinschaft stärkten.

 

Die Petition fordert vom Gemeinderat, die Schule Schlosswil weiterzuführen. Die Schliessung sei nicht, wie vom Gemeinderat suggeriert, vom Kanton vorgegeben, sondern eine politische Entscheidung. Gemeinsam mit einem Bürger*innenkomitee müsse der Gemeinderat nach Lösungen suchen.

 

Gemeindepräsidentin sieht nicht viel Spielraum

Gemeindepräsidentin Christine Hofer hat Kenntnis von der Petition, sieht aber nicht mehr viel Spielraum. "Stand heute ist der Entscheid definitiv. Falls es neue Erkenntnisse gibt, Hinweise, dass wir etwas vergessen hätten bei unseren Überlegungen, würde der Gemeinderat das sicher prüfen."

 

Zum Argument mit den sanierungsbedürftigen Schulhäusern und dem Kindergarten im Container sagt sie: "Das ist eine Tatsache. Was man als dringend bezeichnet, wird aber natürlich durch die Ziele definiert, die man hat. Für uns geht es um die Schulorganisation. Die Liegenschaften sind da zweitrangig." Sie wehrt sich aber gegen den Begriff 'Container': "Das ist eher ein Pavillon. Von aussen vielleicht nicht so schön, aber wenn man reinkommt ist es wunderbar eingerichtet, so wie die anderen Kindergärten auch."

 

Was die Entwicklung des Quartiers Nest angeht, sei es tatsächlich im räumlichen Entwicklungskonzept als Gebiet definiert, wo innere Verdichtung, oder Innenentwicklung, möglich sei. "Aber das kann kein Argument sein. Wir wissen ja nicht, wann dieser Generationenwechsel stattfindet und ob dann wirklich Familien mit Kindern herziehen."

 

"Alles andere ist nicht dienlich"

Gegen das Argument, die Schlosswiler Kinder müssten allein die Schulraumprobleme der Gemeinde lösen, wehrt sich Hofer: "Wir haben bei der Fusion gesagt, dass die Schlosswiler Schule bleibt, solange die Richtlinien des Kantons für die Schüler*innenzahlen eingehalten werden können. Dass diese sinken, dafür können wir ja nichts. Wir müssen die Schule als Ganzes, beide Ortsteile zusammen, im Blick haben. Alle anderen Lösungen sind nicht zielführend. Die Klassen müssten immer wieder neu eingeteilt werden."

 

Dass die Schlosswiler*innen enttäuscht seien, verstehe sie. "Uns ist allen klar, dass die Schulanlage ein wichtiger Begegnungsort ist. Aber zumindest der Platz kann ja weiterhin dazu dienen."

 

Zu direkten Gesprächen zwischen der Kerngruppe und Gemeinde kam es bis jetzt nicht. "Wir haben der Gemeinde letzte Woche geschrieben, dass wir ihr Gesprächsangebot annehmen", sagt Simon Grünig. "Aber wir wurden ziemlich sec abgewiesen und an die Infoveranstaltung vom 25. Februar verwiesen." Dazu sagt Christine Hofer: "Wir können nicht der Kerngruppe vorgängig Infos geben, die die anderen Eltern noch nicht haben. Danach werden wir schon gesprächsbereit sein. Falls noch Bedarf ist."

 

Kommt nach der Petition die Initiative?

Die Hoffnung, dass dieser Bedarf verschwindet, ist allerdings eher klein. "Wir haben Energie und sind alle bereit, viel zu geben, um unsere Schule zu retten. Der Wirbel wird sich nicht so rasch legen", sagt Grünig. "Wir werden die Petition vermutlich nach dieser Infoveranstaltung einreichen und denken auch über eine Initiative nach. Beim Schwimmbad und beim Kommissionsreglement hat man ja gesehen, dass in Grosshöchstetten durchaus etwas möglich ist." 

 

Gemeindepräsidentin Hofer sieht das etwas anders: "Ich glaube, eine Initiative hätte es schwer, weil alle Bürger*innen des gesamten Gemeindegebiets darüber abstimmen würden."

 

[i] Mehr Infos zur  Petition und die Möglichkeit, zu unterschreiben unter www.openpetition.eu


Autor:in
Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch
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Erstellt: 04.02.2021
Geändert: 04.02.2021
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