Montag 17.01.22, 10:47 Uhr
Zum Tod von Dagmar Wolf

Entschieden für eine bessere Welt 26


Für Dagmar war das Engagement für eine bessere, antikapitalistische Welt eine Herzensangelegenheit.

Als wir uns Anfang der 90er kennenlernten, prägte sie für mich mit ihrem Willen und ihrer Energie das politische „Gesicht“ des Bahnhofs Langendreer. Als überzeugte Internationalistin unterstützte sie alle Initiativen in der Eine-Welt-Arbeit und war eine der treibenden Kräfte in Bochum im Kampf gegen die Apartheid in Südafrika. Sie organisierte Sozio-Kultur in einem wirklich alternativen Sinne: durch ihre vielfältigen politischen Veranstaltungen, die sie immer mit klugen und präzisen Einleitungen und Moderationen zu prägen wusste, durch Konzerte (u.a. der Weltmusik), durch die von ihr organisierten Lesungen mit Autor:innen aus allen Kontinenten, vor allem aus Lateinamerika und Afrika. Eine besonders enge Beziehung hatte sie zu der Schriftstellerin Ruth Weiss, mit der sie noch Mitte letzten Jahres eine Lesung im Museum organisierte. – Überhaupt waren Bücher ihre Welt, an der sie uns durch diese Lesungen teilhaben ließ.

Weniger sichtbar nach außen, aber ihr ebenso wichtig, war die Selbstverwaltung des Bahnhofs – denn für sie war immer klar, dass wir andere Strukturen entwickeln müssen, wenn wir den Kapitalismus hinter uns lassen wollen. Sie hat auch schon früh die Bedeutung der Auseinandersetzung um eine nachhaltige Welt erkannt und deshalb schon um die Jahrtausendwende in dem sogenannten Agenda 21 Prozess darum gestritten, dass Nachhaltigkeit auch praktisch Niederschlag in der örtlichen Politik finden muss.

Sie erzählte mir von ihrem Stolz, Kind einer Stahlarbeiter-Familie im Ruhrgebiet zu sein. Schon in ihrer Buchhändlerinnen-Lehre engagierte sie sich im Kampf der Schüler:innen und Student:innen Bewegung und verliebte sich dann durch und in der Nelkenrevolution in Portugal und schöpfte Kraft und Mut aus der Volksbewegung. Sie entwickelte dort vielfältige und innige Freundschaften –  und pflegte diese Zeit ihres Lebens. Und ihr Internationalismus brachte ihr über die vielen Jahre ebensolche politischen und persönlichen Freundschaften in vielen Ländern – natürlich auch in ihrem geliebten Kuba. So holte sie im Rahmen von Mural Global kubanische Maler:innen nach Bochum und initiierte diese besondere Wandmalereien wie zum Beispiel am Torhaus 5 in der Alleestraße.

Dagmar Wolf hat in der linken politischen Bewegung in Bochum ihre Spuren hinterlassen. Sie wird dieser Bewegung fehlen und ihre Freund:innen und Weggefährt:innen werden sie sehr vermissen.

Für die Redaktion: Törk Hansen

Zum Nachruf des Bahnhofs Langendreer (mit vielen Informationen über ihre Arbeit im Bahnhof)

Im Jahre 2013 verliehen die GRÜNEN in Bochum Dagmar Wolf den „Hut ab“- Preis mit einer warmherzigen Laudatio von Astrid Platzmann-Scholten.


26 Gedanken zu “Entschieden für eine bessere Welt

  • PD Dr. Johannes M. Becker

    Der Nachruf und die gewesene Ehrung rühren mich.
    Ich kannte Dagmar Wolf nicht.
    Weiß aber, dass wir so miteinander umgehen müssen.

    Johannes M. Becker, Marburg

    • Sabine Böhnke-Egbaria

      Die Nachricht macht mich sehr traurig.
      Es tat immer gut, mit Dagmar zu sprechen , Aktionen zu planen.
      Sie war mir und dem Arbeitskreis Palästina eine wichtige Ansprechpartnerin und Freundin.
      Ruhe in Frieden!

  • Jürgen Larys

    Traurig. Es war schön und wichtig, sie gekannt zu haben. Ruhe in Frieden, Dagmar.

  • Thomas Krieger

    Eine wirklich traurige Nachricht – Dagmar, companera, Hut ab, dein Engagement war wegweisend und deine Bescheidenheit und Betroffenheit anrührend – ich werde dich vermissen.

  • Ulrich Bremekamp

    Auch wenn wir seit 20 Jahren keinen Kontakt mehr hatten, gehört Dagmar zu den Personen, die positive Spuren in meinem Leben hinterlassen haben: während 10 Jahren Kollegin im Stadtteilbüro des Bahnhofs, solidarische Genossin auch bei unterschiedlichen Standpunkten in dieser oder jener Frage – wie langweilig wäre die Linke, wenn wir immer in allen Fragen die gleiche Meinung hätten? – und zuverlässige persönlich Freundin. Eine gemeinsame Erfahrung, dass „anders leben“ nicht erst in einer anderen Gesellschaft möglich ist, und die auch über ihren Tod hinaus Mut macht.

  • Dr Lutz van Dijk

    Liebe Dagmar,
    zwei Mal durfte ich bei Dir vorlesen und erzählen von unserem Kinderhaus in einem Township südlich von Kapstadt.
    Du hast zugehört und viel gefragt – und wolltest, dass ich wiederkomme.
    Das ist nicht mehr gelungen.
    Du bleibst in unseren Herzen !
    Lutz aus Südafrika

  • Mabel Sabadin

    Liebe Dagmar, Menschen wie du machen das Leben schöner, hoffnungsvoller. Danke, dass du für uns alle da warst.

  • Reinhard Wegener

    Eine extrem traurige Nachricht!
    Auch, wenn wir uns in der „politischen Abteilung“ des Bahnhof Langendreer oft genug genervt und gefetzt haben, hatten wir doch in den zentralen Fragen sozialer Emanzipation letztendlich immer einen Grundkonsens, auf den mensch sich beziehen und verlassen konnte!
    Besonders eindrucksvoll und anrührend erscheint insbesondere der Rückblick auf Dagmars lange Leidenszeit, der sie über die Jahre mit Mut und dem ihr eigenen Selbstvertrauen entgegentrat!
    Reinhard Wegener

  • Eva Bergmeister

    Auf der Isle of Wight, vor 27 Jahren, anlässlich des 70sten Geburtstages von Ruth Weiss lernten wir uns kennen, waren im selben Hotel untergebracht. Die Sympathie und das Interesse aneinander waren gegenseitig, und manifestierten sich in langen, tief schürfenden Gesprächen bei Spaziergängen und diversen Besuchen im Pub. Wir haben uns danach persönlich nie wiedergesehen, und dennoch die Verbindung gehalten, im Wissen darum, dass wir für die selben Ziele stritten und kämpften.
    Gute Reise, Dagmar! Die Spuren, die Du hinterlassen hast, bleiben bestehen!

  • Klaus Heß

    Dagmar Wolf ist am 15. Januar 2022 in Bochum verstorben. Ohne sie ist der KulturBahnhof Langendreer nicht zu denken. Wir vom Infobüro Nicaragua erinnern uns an unzählige Veranstaltungen und Kooperationen mit Dagmar. In den 80er Jahren bereits beteiligte sie sich in ihrer Hagener Zeit an unserer gemeinsamen Nicaraguabrigaden-Kampagne, seit den 90er Jahren waren wir oft in Bochum zu Nicaragua- und Kuba-Vorträgen im Bahnhof. Dagmar hat sich immer viel Zeit genommen in der Vorbereitung und der persönlichen Betreuung. Am meisten bleiben mir die langen Gespräche in der Bahnhofskneipe nach den Veranstaltungen in Erinnerung, die nie vor Mitternacht endeten.

    Ich werde sie nicht vergessen,

  • Pedro Crovetto Farias

    Die Chilenen und Chileninnen der Region hatten in Dagmar eine konstante und entschlossene Unterstützung im Kampf gegen die Diktatur und für ein demokratisches Chile. Vielen Dank, Dagmar, wir werden dich nicht vergessen

  • Regine Scholz

    Dagmar wird mir immer in guter Erinnnerung bleiben. Den engsten Kontakt hatten wir zur Zeit der aktiven Südafrika-Arbeit (8er-90er Jahre) in der BIGA (Bochumer Initiative gegen Apartheit). Posthum nocheinmal danke fürdie vielfältige Unterstützung – gute Reise, liebe Dagmar.

  • Wolfgang Dominik

    Ich hatte Dagmar ab und zu ins Abendgymnasium eingeladen. Sie sollte über Fragen des „Peripheren Kapitalismus“ oder „Transfair“-Produkte o.ä. sprechen. Besonders eindrucksvoll: In einem Kurs behaupteten die Teilnehmer*innen vorher, Transfair-Kaffe schmecke ja nicht. Sie könnten das sofort am Geschmack erkennen, ob Transfair oder „Qualitätsprodukt“. Ich fragte Dagmar, ob sie zu der Frage was sagen könne. Ja, klar! Dagmar bewies ihr Einfühlungsvermögen z.B. durch 2 Kaffee-Maschinen und 2 Kaffeesorten, die sie in den Unterricht mitbrachte, Dann wurde Kaffee gekocht und die Studierenden sollten in Blindversuchen testen, welcher Kaffee „Transfair“ aus Nicaragua stammte, welcher von Tchibo unter unmenschlichen Bedingungen produziert worden war. Ergebnis: Meine Studierenden gaben zu, dass der Transfair-Kaffee geschmacklich nicht zu unterscheiden war.
    Selbstverständlich kannte ich Dagmar von zahlreichen Veranstaltungen im Bahnhof Lgdr. und Demos und Kundgebungen gegen rechts und für Seebrücken für alle und gegen die Kriegsgefahren und Klimakatastrophen. Ihr Lachen in vielen Situationen wird mir stets in Erinnerung bleiben.

  • Karin Gebl

    Liebe Dagmar,
    Ich bin sehr traurig, so wieder von Dir nach langer Zeit zu hören. Jetzt bist Du doch gegangen. Ich danke Dir für all die Dinge, die Du mir gezeigt hast.
    In Freundschaft, Karin

  • RosaRot

    Ich habe vor zwei Tagen von dir geträumt, liebe Dagmar, und da schwebtest du leicht.
    Ich fragte, wie es um dich steht; ich wusste, dass du an mehreren Fronten kämpftest.
    Da dachte ich an dich, als Hagenerin zu einer Hagenerin, beide für gewisse Zeiten nach Bochum verschlagen und auch rum um den ganzen Globus.
    Ich werde dich nicht vergessen und dir in meinen Träumen weiter begegnen.
    Gute Nacht, liebe Dagmar.
    Danke, dass du warst. ❤️

  • viktoria waltz

    Liebe Dagmar, Du hast immer alles möglich gemacht, wenn es um Palästina ging. Danke!
    So gehen langsam die alten bewährten Kämpferinnen von uns. Traurig.
    Aber das heißt auch, dass wir, die wir (noch) da sind und die Jungen unter uns, die die Zukunft gestalten werden, weiterhin für Gerechtigkeit und Freiheit streiten müssen, vorbehatöos wie Du, niemanden ausgrenzend dürfen, das Gemeinsame für den Erhalt von Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung zusammenhalten müssen.
    Eine ebenso Alte, zornig wie Du auf die heutige Welt blickend.
    Viktoria

  • Niko Rheinländer

    Eine ganz großartige, liebevolle, wichtige Aktiviistin für eine bessere Welt ist nun leider gegangen. Sehr schön Dich kennengelernt zu haben, liebe Dagmar. Niko*aus HH

  • Petra Grübl

    Dagmar hat eine Lücke hinterlassen, die schwer zu füllen sein wird. Ich bin dankbar, dass ich sie kennenlernen durfte.
    Petra Grübl, Soli Cuba

  • Petra Weiler

    Ihr Lieben, herzlichen Dank für eure E-Mail und euren berührenden Nachruf.
    Ich bin sehr traurig, dass Dagmar gestorben ist.
    Liebe Dagmar, du wirst uns fehlen! Danke für dich, für dein Engagement, dafür, dass du du bist.
    Ich freue mich sehr, dich kennengelernt zu haben und wünsche dir von ganzem Herzen alles Gute!

  • Ute Jürgensen-Köhn

    Das ist eine sehr traurige Nachricht. Wir haben als langjährige ehemalige Pächter der Kneipe im Bahnhof Langendreer Dagmar als einen sehr engagierten, emphatischen und warmherzigen wie humorvollen Menschen kennengelernt und werden sie auch genauso in Erinnerung behalten.
    Beeindruckend und bewundernswert war auch, mit welcher Kraft sie sich all die letzten Jahre gegen diese verdammte Krankheit gestemmt hat und sich trotz dieser schweren Bürde nie von ihrem Engagement in der aktiven politischen Arbeit hat abbringen lassen.
    Dagmar, Du wirst von vielen vermisst werden !
    Ute und Peter

  • Telón de Arena, Ciudad Juárez, México

    La compañía Telón de Arena lamenta mucho la muerte de Dagmar Wolf. Siempre nos recibió espléndidamente, con mucha energía y alegría. Una persona muy especial, como ese espacio en el que dimos varias funciones y todos llevamos en nuestro corazón, fuimos muy felices en su compañía, que en paz descanse. Un abrazo y gracias por dejarnos saber la noticia.

  • Nejat Pismisler

    Liebe Dagmar, wir werden dich nicht vergessen.
    Sevgili Dagmar, seni unutmayacağız.

    Belkıs- Nejat Piṣmiṣler

  • Wail Abdel-Khani

    Wir, vom Arbeitskreis Palästina NRW, verdanken Dagmar Vieles. Sie war in unseren Anfänger eine große Stütze und ebnete uns viele Wege. Danke für deine jahrelange Unterstützung unseres Arbeitskreises. Danke für deine großartige Unterstützung für Palästina.

    Dagmar, du warst ein herzensguter Mensch und eine Gerechte in einer Welt voller Ungerechten. Dein Ableben macht uns sehr traurig. Du wirst aber bei uns in Erinnerung bleiben. Ruhe in Frieden.

    Wail
    im Namen aller Mitglieder des AK Palästina

  • Silvia Stutzmann

    Tschüss Dagmar, es ist wertvoll, dass ich Dich kennenlernen durfte. Jedes Treffen war voller Leben. Ich versuch mal, Deine Spur auf meiner mitzunehmen…Klugheit und Herz zusammen! Silvia Stutzmann

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