Parlamentskorrespondenz Nr. 1411 vom 15.12.2023

Nationalrat: ÖVP und Grüne beschließen Mietpreisdeckel mit einfacher Mehrheit

Freie Mieten sind ausgenommen, massive Kritik der Opposition

Wien (PK) - ÖVP und Grüne haben im Nationalrat den von ihnen vorgelegten Mietpreisdeckel mit einfacher Mehrheit beschlossen. Damit sollen die Mieterhöhungen von Kategoriemieten, Richtwertmieten und gemeinnützigen Wohnungen begrenzt werden. Nicht von der Beschränkung erfasst sein sollen freie Mietverträge. Für die im Mietrechtsgesetz geregelten Kategoriemieten sollen die Erhöhungen 2024 entfallen.

Rechtlich basiert dies auf einem Abänderungsantrag zum 3. Mietrechtlichen Inflationslinderungsgesetz, der im Bautenausschuss eingebracht worden war. Während der bisherige Gesetzesentwurf Verfassungsbestimmungen enthielt, kommt das nunmehrige Gesetz in Form des Abänderungsantrags ohne diese aus und konnte im Nationalrat mit einfacher Mehrheit von ÖVP und Grünen beschlossen werden.

Die Opposition äußerte deutliche Kritik an der Vorlage. SPÖ und FPÖ sprachen von einer "Mogelpackung", den NEOS hingegen geht der Eingriff zu weit und die Treffsicherheit fehle. Mehrere Forderungen von SPÖ und FPÖ, etwa zu einem Mietenstopp, blieben in der Minderheit. Auch zusätzliche in der Sitzung eingebrachte Entschließungsanträge der SPÖ für einen Mietpreisstopp im freien Wohnungsmarkt sowie für ein umfassendes Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen fanden keine Mehrheit und wurden abgelehnt.

Mietpreisbremse mit Vereinheitlichungen im Mietrecht

Konkret wurden Kategoriemieten bisher dann erhöht, wenn der Verbraucherpreisindex gegenüber dem letzten Änderungszeitpunkt um mehr als fünf Prozent gestiegen ist. Aufgrund der aktuellen Inflation habe dies zu mehrfachen Erhöhungen pro Jahr geführt, heißt es in der Begründung zur Gesetzesnovelle. Künftig werden Änderungen ausschließlich mit 1. April stattfinden. Im Jahr 2024 soll die Wertanpassung der Miete entfallen. In den Jahren 2025 und 2026 werden aus Gründen der sozialen Verträglichkeit die Effekte der Inflationsspitze bei 5 % gekappt. Dementsprechend soll die nächste Valorisierung der Kategoriebeträge wie bei den Richtwerten am 1. April 2025 stattfinden.

Richtwertmieten wurden bisher alle zwei Jahre am 1. April anhand der Veränderung des Jahresdurchschnittswerts des Verbraucherpreisindex des Vorjahrs gegenüber dem Ausgangswert angepasst. Künftig sollen die Richtwerte aber jährlich valorisiert werden – das nächste Mal am 1. April 2025. Für 2024 wäre demnach ohnedies keine Erhöhung vorgesehen gewesen. Für die Valorisierung zum 1. April 2025 soll also ausschließlich die Veränderung des VPI-Jahresdurchschnittswerts aus 2024 gegenüber dem von 2023 maßgeblich sein. Auch hier wird ein Deckel von 5 % für die Valorisierungen 2025 und 2026 gelten.

Bei den gemeinnützigen Wohnungen wird die Erhöhung auf 5 % gedeckelt. Am 1. April 2024 können sich die Beträge gegenüber dem letzten Änderungszeitpunkt also um nicht mehr als 5 % erhöhen.

Ab 2027 soll die Valorisierung der betreffenden Mieten anhand der Durchschnittsinflation der letzten drei Jahre berechnet werden und der 5 % übersteigende Teil bei der Anpassung nur zur Hälfte berücksichtigt werden.

"Operation gelungen, Patient tot", meinte Ruth Becher (SPÖ) zum Mietpreisdeckel der Koalition. Obwohl die Mieten bereits völlig "entglitten" seien, würde jetzt eine "Mogelpackung" und das erst im Nachhinein abgeschlossen. Josef Muchitsch (SPÖ) nannte es einen "Schmähdeckel", so hätten etwa Privatvermieter:innen und Investor:innen keine Gewinneinbußen zu befürchten. Dass der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag bei gemeinnützigen Wohnungen nicht ausgenommen wurde, hält er ähnlich wie Johannes Margreiter (NEOS) etwa in Zeiten des Klimawandels für fahrlässig. Selbiger werde nämlich in Anspruch genommen, um das Wohnhaus zu sanieren und damit auch die Energiekosten niedrig zu halten. Aus Sicht von Margreiter komme allerdings der Eingriff in bestehende Verträge, mit dem man den Vermieter:innen mit einem "Federstrich" die Einnahmen streiche, ganz grundsätzlich einer Art Enteignung gleich. Zudem werde das Wohnkostenproblem nicht treffsicher gelöst.

Philipp Schrangl (FPÖ) sprach von einer "Mogelpackung", einem "Mietpreisdeckelchen" sowie einer "wohnpolitischen Beerdigung". Die Interessen der Mieter:innen würden verraten und der gemeinnützige Wohnbau werde "von innen weiter demoliert". Die Mietpreisbremse komme zu spät, zumal die Mieten bereits überbordend gestiegen seien. Entscheidend wäre aus seiner Sicht gewesen, auch die freien Mietverhältnisse miteinzubeziehen, wie er sagte. Die vorliegende Mietpreisbremse habe den Namen nicht verdient, meinte auch Gerhard Deimek (FPÖ), und sah darin auch eine "Sozialwohnungsbremse".

Nina Tomaselli (Grüne) wiederum betonte, für "gar nicht so wenige" Wohnungen bedeute der Mietpreisdeckel eine nachhaltige Wohnkostenentlastung. Sie rechnete vor, dass im besagten Bereich nicht mehr als jeweils 2,5 % für die nächsten zwei Jahre erhöht werde und sprach von einer Entlastung von bis zu einer Miete pro Jahr. Zudem stelle die Maßnahme den ersten echten Mietpreisdeckel einer Bundesregierung seit Jahrzehnten dar. Johann Singer (ÖVP) hielt fest, dass die ÖVP hinter der Wohnungsgemeinnützigkeit stehe. Ziel sei eine Entlastung der betroffenen Mieten in den Jahren 2024 bis 2026 sowie ab 2027 den Anteil, der 5 % übersteige, zu halbieren. Die Maßnahmen würden 1,3 Mio. Mietwohnungen in Österreich betreffen, so Singer.

Anträge der SPÖ und FPÖ zu Mietenstopp abgelehnt

Weitergehende Vorschläge lagen von Seiten der SPÖ und der FPÖ vor, die durchwegs in der Minderheit blieben. So hatte die SPÖ gefordert, die gesetzlich vorgesehene Erhöhung der Richtwertmieten, der Kategoriebeträge und weiterer mietrechtlicher Beträge bis Ende März 2026 auszusetzen. Eine weitere Forderung der SPÖ zielte auf einen sofortigen Mietenstopp ab. Dazu sollten die Indexierungen der Richtwert- und Kategoriemieten vom 1. April 2023 zurückgenommen und sämtliche Mieten bis Ende 2025 eingefroren werden. Mit einer Forderung nach einem Maßnahmenpaket für leistbares Wohnen drängte die SPÖ neben einem Mietenstopp auch auf eine umfassende Wohnrechtsreform. Auch die Freiheitlichen hatten mit einem Entschließungsantrag einen Mietenstopp gefordert. Demnach sollten die Richtwert- und Kategoriemieten bis inklusive 2026 eingefroren werden, samt einer anschließend maximalen Indexierungsmöglichkeit von 2 %. (Fortsetzung Nationalrat) mbu

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